Vier-Ländertreffen der Bäuerinnen- und Landfrauenverbände –
Unbezahlte Care-Arbeit anerkennen und in Wert setzen
Gemeinsame Pressemitteilung des 4-Ländertreffens vom 14. – 16. September 2025
Die Bäuerinnen- und Landfrauenverbände aus Deutschland, Österreich, Südtirol und der Schweiz vertreten gemeinsam rund 646‘000 Bäuerinnen und Landfrauen. Diese Frauen leisten tagtäglich rund 4 bis 5.5 Stunden unbezahlte Care-Arbeit – sei es in Familien, Betrieben oder Gemeinschaften. Care-Arbeit ist das Fundament unserer Gesellschaft, bleibt aber unsichtbar und unbezahlt. Am Vier-Ländertreffen vom 14. bis 16. September 2025 in Bern, forderten die Präsidentinnen und Geschäftsführerinnen dieser Verbände deshalb: Unbezahlte Care-Arbeit muss sichtbar, anerkannt, in Wert gesetzt und rentenwirksam werden!
Erkenntnisse: Care-Arbeit ist systemrelevant – und unsichtbar
Care-Arbeit umfasst alle unbezahlten Tätigkeiten rund um die Betreuung, Pflege – auch pflegebedürftiger Erwachsener – Haushaltsführung, Verpflegung, Familienmanagement, Administration, Freiwilligenarbeit – sei es innerhalb der Familie, in der Landwirtschaft oder den ländlichen Räumen. Diese Arbeit wird überwiegend von Frauen geleistet und trägt entscheidend zum sozialen Zusammenhalt und zur Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft bei. Sie ermöglicht ausserdem erhebliche Einsparungen im Bereich der privaten und öffentlichen Finanzen. Ohne diese Arbeit würde unsere Gesellschaft stillstehen, doch sie bleibt wirtschaftlich und politisch unterbewertet.
Gleichstellung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie hängen massgeblich von der
Anerkennung von Care-Arbeit ab
Nur wenn die Care-Arbeit angemessen bewertet wird, lassen sich faire Arbeitsbedingungen und echte Chancengleichheit erreichen. Die Diskussionen und Beiträge aus den vier Ländern zeigten deutlich: Strukturelle Benachteiligung und die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit zwischen Männern und Frauen – verstärkt durch ihre mangelnde finanzielle Attraktivität – tragen direkt zum Renten-Gender-Gap und zu Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt bei. Frauen erhalten noch immer rund ein Drittel weniger Rente als Männer.
Begrenzte Infrastruktur auf dem Land
Fehlende Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur erschweren die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und unbezahlter Care-Arbeit in ländlichen Räumen noch mehr als im städtischen Bereich.
Forderungen: Politische und gesellschaftliche Aufwertung der Care-Arbeit
Die Verbände der vier Länder appellieren daher gemeinsam an Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, Care-Arbeit endlich sichtbar zu machen und fair zu bewerten.
Sorgearbeit fair verteilen
Es gilt Rollenbilder aufzubrechen und das Bewusstsein zu fördern, dass Care-Arbeit eine gemeinsame Aufgabe von Frauen und Männern ist. Politische Anreize und Modelle sollen Familien stärken und partnerschaftliche Betreuung ermöglichen. Dabei tragen nicht nur der Staat, sondern auch Wirtschaft und Unternehmen eine wichtige Verantwortung: Sie müssen aktiv dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern und geeignete Strukturen bereitzustellen.
Rentenwirksamkeit sicherstellen
Care-Arbeit muss sich in der Altersvorsorge widerspiegeln, um den Frauen eine faire Rente zu ermöglichen und Altersarmut von Frauen zu verhindern.
Gleichstellung konsequent umsetzen
Politische Strategien und Programme zur Förderung von Gleichstellung und Vereinbarkeit für Frauen und Männer müssen Care-Arbeit als zentralen Bestandteil einbeziehen.
Betreuungs- und Pflegeinfrastruktur sicherstellen
Eine flächendeckende Bereitstellung und Zugang zu Kinderbetreuungs- und Pflegeinfrastruktur sind entscheidend, um Familien zu entlasten und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Care-Arbeit zu verbessern.
Sichtbarkeit schaffen durch Sensibilisierung und Bildungsmassnahmen
Wertschätzung beginnt mit Bewusstsein. Kampagnen sollen den Wert unbezahlter Care-Arbeit ins öffentliche Bewusstsein rücken zum Aufbrechen von Geschlechterstereotypen.
Statements der Präsidentinnen der 4-Länder

Irene Neumann-Hartberger, Vorsitzende Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen:
«Solange Care-Arbeit überwiegend von Frauen getragen wird, bleibt echte Gleichstellung ausser Reichweite. Care-Arbeit braucht endlich volle gesellschaftliche Anerkennung und finanzielle Bewertung – vor allem mit Blick auf den Gender-Pension-Gap. Ohne Veränderung bleibt Care-Arbeit das Haupthindernis für die Vereinbarkeit mit voller Erwerbstätigkeit.»
Petra Bentkämper, Präsidentin Deutscher LandFrauenverband: «Unbezahlte Sorgearbeit ist Aufgabe aller. Lebensarbeitszeit muss flexibler gestaltet werden. Dazu braucht es bessere Regelungen für flexiblere Unterbrechungen und familienentlastende Angebote.»
Antonia Egger-Mair, Landesbäuerin Südtiroler Bäuerinnenorganisation: «In der Landwirtschaft ist Care-Arbeit als Selbstverständlichkeit bei der Bäuerin angesiedelt. Diese unbezahlte Care-Arbeit ist für die Gesellschaft ein grosser Nutzen, der nicht immer gesehen wird. Da ist ein Umdenken unbedingt notwendig. Eine finanzielle Anerkennung dieser Arbeit in der Rentenauszahlung ist eine Möglichkeit der Wertschätzung.»
Anne Challandes, Präsidentin Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband
SBLV: «Eine gerechte Verteilung – die frühzeitig diskutiert werden muss – und eine wirksame Aufwertung der Care-Arbeit können die Lohn- und Rentenlücke zwischen Frauen und Männern verringern – ein Gewinn für die ganze Gesellschaft und für alle, die Care-Leistungen erbringen oder darauf angewiesen sind.»
Ausblick 4-Ländertreffen 2026
Das nächste Vier-Ländertreffen findet 2026 im Rahmen des UN-Jahres der Bäuerinnen und Landwirtinnen in Deutschland statt. Ziel bleibt, gemeinsame Strategien zu entwickeln und politische Forderungen über Ländergrenzen hinweg zu stärken.
Delegation des 4-Ländertreffens 2025 in Bern

Foto Legende (von links nach rechts)
Michaela Glatzl, Geschäftsführerin Österreichische Bäuerinnen, Irene Neumann-Hartberger, Vorsitzende Österreichische Bäuerinnen, Daniela Ruhe, Hauptgeschäftsführerin Deutscher LandFrauenverband, Petra Bentkämper, Präsidentin Deutscher LandFrauenverband, Antonia Egger-Mair, Landesbäuerin Südtiroler Bäuerinnenorganisation, Anne Challandes, Präsidentin Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband SBLV , Silke Mock, Geschäftsführerin Südtiroler Bäuerinnenorganisation, Kathrin Bieri-Straumann, Geschäftsführerin SBLV, Gabi Schürch-Wyss, Vizepräsidentin SBLV, Jeanette Zürcher-Egloff, Vizepräsidentin SBLV
Herzlichen Dank
an unsere Sponsoren, welche das 4-Ländertreffen in der Schweiz unterstützt haben:
Bio Suisse
Bundesamt für Landwirtschaft BLW
OGG – Ökonmische Gemeinnützige Gesellschaft Bern
Schweizer Bauernverband sbv
Schweizer Hagel
Fakten zur unbezahlten Care Arbeit in den 4 Ländern
Schweiz
- Frauen in der Schweiz (ab 15 Jahren) leisten jährlich 7.3 Milliarden Stunden unbezahlte Care Arbeit von insgesamt 12.2 Milliarden unbezahlter Arbeitsstunden pro Jahr. Allein für Kinderbetreuung und Pflege von Erwachsenen wenden sie 1 Milliarde Stunden auf. Zeitvolumen für unbezahlte Arbeit
- Die Frauen leisten 2024 pro Woche 34.9 h unbezahlte Care Arbeit, was in der Schweiz einem Arbeitspensum von ca. 83 % entspricht. Demgegenüber leisten Männer 22.8 h unbezahlte Care Arbeit, was ein Arbeitspensum von ca. 54 % ergibt. D.h. die Frauen leisteten im Durchschnitt 12 h 6 Minuten mehr Care-Arbeit pro Woche als Männer.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, unbezahlte Arbeit | Bundesamt für Statistik – BFS - Frauen leisten insgesamt 59.70 % der unbezahlten Care Arbeit, Männer 40.30 %.
- Das jährliche Arbeitsvolumen in der Schweiz beträgt 8,17 Milliarden Stunden, 4,9 Milliarden Stunden von Männern, 3,2 Milliarden Stunden von Frauen. Dieser Wert der bezahlten Arbeit liegt somit deutlich unter dem Total unbezahlter Arbeitsstunden von 12.19 Milliarden. Tatsächliches jährliches Arbeitsvolumen nach Geschlecht, Nationalität, Beschäftigungsgrad, Wirtschaftsabschnitten, Wirtschaftssektoren, Erwerbsstatus und Grossregionen – 1991-2024
- Die unbezahlte Arbeit entsprach im Jahr 2020 – damals für 9.8 Milliarden Stunden – einem wirtschaftlichen Wert von 434 Milliarden Franken.
Deutschland
- Frauen in Deutschland leisten jährlich 72 Milliarden Stunden unbezahlte Sorgearbeit, allein für Kinderbetreuung und Angehörigenpflege wenden sie 28 Milliarden Stunden auf.
Prognos AG (2024): Der unsichtbare Wert von Sorgearbeit - Werden die Stunden summiert, die Frauen (über 18 Jahre) in einer Woche mit diesen Sorgetätigkeiten verbringen, ergibt sich das Äquivalent einer Vollzeitstelle: 39,1 Stunden. Bei Männern in gleicher Altersabgrenzung sind es 25,2 Stunden unbezahlter Sorgearbeit.
Prognos AG (2024): Der unsichtbare Wert von Sorgearbeit - Der Gender Care Gap lag im Jahr 2024 bei 44,3 %; das heisst, Frauen leisteten im Durchschnitt neun Stunden und zehn Minuten mehr Care-Arbeit pro Woche als Männer. Destatis 2024
- Diese unbezahlte Sorgearbeit, die in offiziellen Wirtschaftsstatistiken nicht erfasst wird, hätte bei durchschnittlicher Entlohnung einen Wert von bis zu 1,2 Billionen Euro – ein Drittel des deutschen BIP von 2021. Prognos AG (2024): Der unsichtbare Wert von Sorgearbeit
Österreich
- Frauen in Österreich leisten täglich rund 4,5 Stunden unbezahlte Carearbeit, Männer etwa die Hälfte. Das ergibt für Frauen ca. 30 Stunden pro Woche, für Männer ca. 16–17 Stunden.
Quelle: Statistik Austria, Zeitverwendungsstudie 2021/22 - Der Gender Care Gap liegt bei 43 % – vergleichbar mit Deutschland (44,3 %) und damit im oberen europäischen Mittelfeld.
Quelle: AMS_Gender-Care-Gap - Der wirtschaftliche Wert der unbezahlten Sorgearbeit in Österreich wird auf circa 57 Milliarden Euro jährlich geschätzt, rund ein gutes Zehntel des BIP. Hochrechnungen der Gesamtstunden pro Jahr liegen grob zwischen 30 und 35 Milliarden für Frauen. Quelle: Momentum Institut
Südtirol, Italien
- Frauen in Italien leisten täglich rund 5 Stunden und 9 Minuten unbezahlte Care-Arbeit, während Männer 1 Stunde und 48 Minuten dafür aufwenden.
https://chancengleichheit.provinz.bz.it/de/news/equal-care-day-sudtirol-2025 - Das ergibt ein Einkommensdefizit von ca. 7‘000 Euro jährlich, selbst wenn man nur mit dem gesetzlichen Mindestlohn rechnet.
https://alleyoop.ilsole24ore.com/2025/03/05/lavoro-cura-donne/?refresh_ce=1 - Der ökonomische Wert liegt bei 180 Milliarden Euro im Jahr. https://www.tgcom24.mediaset.it/tgcomlab/lavoro/lavoro-invisibile-mamme-vale-180-miliardi-all-anno-9-pil_97967724-202502k.shtml
Impressionen des 4-Ländertreffens vom 14. – 16. September 2025 in Bern




















